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Keep on Jukin


Die älteren Unleashed-Leser werden sie noch kennen und werden den Klang noch im Ohr haben. In der Kneipe, der Pizzeria oder einem beliebten Speiselokal. Da stand sie: die Jukebox. Diejenigen von euch, die so einen Alleinunterhalter noch aus dem Alltagseinsatz kennen, haben wenig dekorative, mit Folie in Holzoptik bezogene Kästen im Kopf. Allein die beleuchteten Knöpfe neben den Namensschildern der Titel wussten zu begeistern.


Wer hat sie nicht als Kind gedrückt? Auch ohne das nötige Kleingeld vom Papa drückt der Junior fleißig auf die Tasten seiner Lieblingslieder. Im besten Fall aber hat man zuvor eine Mark eingeworfen und freie Auswahl aus circa 80 Songs. Einer bezahlt und alle hören mit. Das war die wohl günstigste Lokalrunde, die es je gegeben hat.


Doch drehen wir die Zeit etwas zurück. Aus den unterschiedlichsten Musikautomaten haben sich Ende der 1920er und zu Beginn der 1930er Jahre die Jukebox entwickelt. Wobei das Hauptmerkmal eben jenes solidarische Prinzip ist, dass der Benutzer Geld eingeworfen hat und der gesamte Gastraum mit all seinen Zuhörern beschallt worden ist.



Mit Beginn der 1940er Jahre verbreiten sich die Jukeboxen. Diese Ära wird "Golden Age" genannt. Das Design ist der Mode von aktuellen Möbeln angelehnt. Aber es gibt auch außergewöhnliche Stücke. Manche sind dem Kühlergrill von Autos nachempfunden. Für je eine Box stehen das Chrysler Building und das Empire State Building Pate. Und schließlich findet sich eine Kuppe in Form des B-17 Bomber auf einer Jukebox wieder.



Die Materialien sind hingegen sehr ursprünglich. Holz, meist dunkles Holz, ist verbaut worden. Aber schon damals sorgen bunte, beleuchtete Pilaster zunehmend für Farbe. Meist sind diese Kunstharz-Bakelit-Einsätze in einem bräunlichen bis goldenen Farbton. Daher rührt wohl auch die Namensgebung dieser Epoche. Aus heutiger Sicht ist das wenig prunkvoll.

Zum Ende der 1940er Jahre ändert sich das Design der Jukeboxen sehr deutlich. Die Gehäuse werden aus Metall gefertigt. Chrom und Glas werden immer öfter eingesetzt. Als Vorbild für das Design dienen fortan oft Details aus dem Automobilbau. Immer wieder findet man hier auch Elemente, die aus dem damaligen "Future" und "Space" Design stammen. Einige der Boxen haben dieses entsprechende Design mit Glaskuppeln und "spaciger" Beleuchtung. Auch gibt es Aufbauten, die an einen Radarschirm erinnern. Spontan zaubert unser inneres Auge Kaptain Kirk und Mr. Spock lässig anlehnend an die selbige Box. Kopfkino Ende.



Chrom und Glas sind nun der Maßstab. Offenes Plattenspiel ist angesagt. Verschiedene Hersteller bauen unterschiedliche Mechaniken. Senkrechtes oder waagrechtes Abspiel der Singles, das Magazin in einer Reihe oder einem Karussell.....Ideen gibt es viele.

Wir befinden uns in der zweiten großen Ära der Jukeboxen, dem "Silver Age". Dieser Begriff ist sicher dem überschwänglich verwendetem Chrom geschuldet.


Die großen Hersteller sind uns bis heute ein Begriff: Seeburg, AMI, Rock-Ola und Wurlitzer sind untrennbar mit den Jukeboxen dieser Zeit verbunden. Genau diese Produzenten sind es, die über Jahrzehnte hinweg für die Partys in den Kneipen verantwortlich zeichnen. Von der Großstadt bis auf´s flache Land.


Das "Unleashed Magazin" darf euch einen Fan präsentieren, der uns ein Stück mitnimmt auf die Reise, in diese beiden Ären der Jukeboxen. Der Amberger Andy Prechtl hat sich eine beachtliche Sammlung an nostalgischen Musiklieferanten aufgebaut. Er ist überzeugter Sammler. Hierbei beschränkt er sich nicht auf die Jukeboxen allein. Er sammelt zwangsläufig auch Singles oder Schellackplatten. Denn zwei seiner liebsten Stücke spielen mit diesen ganz alten Schellackplatten. Die älteste Jukebox in Andys Sammlung ist von 1946.



Das "Unleashed Magazin" hat sich bei Andy Prechtl genau umgeschaut. Seine Begeisterung für diese alten Teile ist nicht zu übersehen. In nahezu jedem Zimmer seines Hauses steht eine Jukebox. Doch die meisten befinden sich in einem eigens dafür eingerichteten Raum. Atemberaubende Schönheiten. Faszination auf den ersten Blick.

Nun beugt sich Andy neben eine seiner Jukeboxen. Er betätigt einen kleinen Hebel und gibt Strom in die alte Maschine. Ein Summen, ein Aufblinken. Wow. Mit Beleuchtung ist die Box nochmal schöner. Andy wirft ein altes D-Mark Stück in den Schlitz und entschließt sich für eine gezielte Tastenfolge. Dann ein Knacken. Es rumort in dem Gehäuse. Der Greifarm holt sich eine Scheibe aus dem schwarzen Fächer, der vordergründig unter der Glaskuppel thront. Die Scheibe wird in die Mitte der Box gelegt und beginnt sich zu drehen. Ein Knistern, ein Rauschen...


Swing, Blues, Rock´n‘Roll... in einem Klang, der nicht zu beschreiben ist. Druckvoll und kräftig wird der Raum mit der Musik ausgefüllt. Man kann die Jukebox deutlich fühlen.


Was Andy an seinen Jukeboxen so gefällt? Warum diese Begeisterung? Diese Fragen beantworten sich von selbst. Jede seiner Boxen wirkt eindrucksvoll auf alle Sinne des Betrachters und Zuhörers.



Vor einigen Jahren ist Andy auf die Idee gekommen, eine Jukebox zu restaurieren. Er hat mit einem Modell aus den 70er Jahren begonnen und das Restaurieren hat ihm großen Spaß gemacht. Nummer Zwei und Drei folgen. Seine Leidenschaft werden zunehmend ältere Boxen.


Ein weiteres Kriterium ist für ihn die Herkunft. Modelle aus den USA haben für Andy den deutlich größten Reiz. So wird die ein oder andere wieder verkauft oder auch getauscht. Andy vernetzt sich europaweit. Ersatzteile beschafft er sich oft aus Amerika.


Alle seine Jukeboxen hat Andy von Grund auf restauriert. Jedes Bauteil wird ausgebaut, gesäubert, repariert oder ersetzt. Ein absolut neuwertiger Zustand ist stets das Ziel. Dabei ist immer die Technik und Mechanik der Boxen eine ganz besondere Herausforderung. Keine Box ist wie die andere. Man muss sich immer rein arbeiten, braucht Schaltpläne und ein sehr ausgeprägtes mechanisches Verständnis. "Auch Putzen und Polieren sollte einem Freude machen, wenn man so ein Teil wieder zum Leben erwecken möchte", erklärt Andy lächelnd.


Auf Anfrage hat er auch schon für andere Liebhaber ein gutes Stück wieder in einen neuwertigen Zustand versetzt. Und wenn euch eure Online-Setlist im Stich lässt, verleiht Andy auch Boxen für Partys. Die Bestückung könnt ihr euch aus hunderten von Singles selbst wählen.


Zu diesem Thema werden wir eine kleine Serie starten. In den kommenden Ausgaben des Unleashed Magazin werden wir euch je eine der Jukeboxen von Andy Prechtl genauer vorstellen.


Fotos: Camberry

Text und Fotos: Micha Hartinger

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